Repair-Café Bad Leonfelden

07.11.2023

Interview mit Karoline Kastner und Herbert Ratzenböck

Wie kam die Idee zur Gründung des Repair-Cafés in Bad Leonfelden zustande und was hat Sie dazu motiviert, dieses Projekt zu starten?

Ratzenböck: Ich hatte zuvor in Regionalzeitungen Berichte über Repair-Cafés in der Region (in Gallneukirchen, Ottensheim oder Zwettl) gelesen und mir hat die Idee gemeinsam zu retten, was noch verwendet werden kann, sehr gut gefallen. Ein Bekannter hat mich dann mit Karoline Kastner vernetzt, die auch bereits in diese Richtung überlegt hat.

Kastner: Für mich und meinen Lebensgefährten ist die Reparatur von allen Dingen inzwischen alltäglich. Mir hat die Initiative in Bad Leonfelden gefehlt. Ich bin der Meinung, sowas gehört in jeden größeren Ort.

 

Können Sie uns mehr über das 1. Repair-Café, welches am 21. Juli 2023 stattgefunden hat, erzählen? Wie habt ihr das aufgebaut, welche Rückmeldungen und Reaktionen gab es?  

Ratzenböck: Für den ersten Termin wollten wir einen Ort, an den möglichst viele Menschen sowieso kommen. Daher haben wir im örtlichen ASZ angefragt, ob dies möglich sei. Es wurde ein Zelt – bereitgestellt vom sKranzl in Bad Leonfelden – aufgestellt. Von den Firmen Nordfels GmbH und Miba Battery Systems GmbH wurden Biergarnituren zur Verfügung gestellt, auf denen einerseits die Arbeitsplätze für die Reparaturen eingerichtet wurden, die aber auch den Besuchern als Sitzmöglichkeit während ihrer Gespräche mit anderen Besuchern und der Konsumation von Kuchen und Kaffee dienten.

Die Mitarbeiter des ASZ Bad Leonfelden haben uns freundlich aufgenommen und uns bei der Durchführung unterstützt.

Die Rückmeldungen waren äußerst positiv. Oft haben wir – wie auch beim 2. Termin am 22. September 2023 – gehört „super, dass ihr das macht“.

 

Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Repair-Café, insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz?

Ratzenböck: Oft sind es Kleinigkeiten die defekte Geräte des täglichen Gebrauches wieder zum Laufen bringen können. Professionelle Unternehmen haben mit Klein(st)reparaturen oft „keine Freude“, weil der Reparaturpreis rasch den Gerätewert übersteigt. Folge ist zumeist die Entsorgung noch verwendbarer Gerätschaften. Viele, auch ich, haben nicht das technische Verständnis und Geschick diverse Kleinreparaturen selbst vorzunehmen. Reparaturbegeisterte und -bedürftige sollen bei einem Repair-Café zusammengebracht werden.

Kastner: Unsere Kinder können nur einen nachhaltigen Umgang mit Dingen lernen, wenn wir es vorleben. Sie sind schon heute mit Begeisterung dabei und freuen sich, wenn sie selbst mal schrauben dürfen.

 

Muss man unbedingt reparaturbegeistert sein, um in einem Repair-Café mithelfen zu können?

Unser Team besteht aus einem Organisationsteam und einigen ehrenamtlichen Reparaturbegeisterten. Bei den Vorbereitungen zum 1. Repair-Café haben wir diese beiden Gruppen augenzwinkernd in „Reparateure“ und „G´schaftler“ unterteilt. Man muss – insbesondere mit Blick auf den sozialen Nachhaltigkeitseffekt – also nicht reparaturbeigeistert sein, um sich bei einem Repair-Café zu engagieren. Auch für die Veranstaltungsorganisation braucht es unterstützende und helfende Hände. Wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen, entsteht – wie in unserem Fall – ein wirklich schönes Projekt.

 

Könnten Sie uns mehr darüber erzählen, wie das Repair-Café funktioniert? Wie läuft ein typischer Reparatur-Nachmittag ab?

Zuerst wird erfasst welches zu lösendes Problem vorliegt. Danach erfolgt die Zuweisung zu einem der anwesenden ehrenamtlichen Reparaturbegeisterten. Gemeinsam wird dann versucht, das Problem zu lösen oder zumindest den vorhandenen Defekt festzustellen, um dann die bestehenden Möglichkeiten auszuloten. Allenfalls stellt sich auch heraus, dass keine Reparatur mehr möglich ist oder dass beim Reparatur-Café nicht verfügbare Ersatzteile benötigt werden.

Zudem werden Kaffee, einfache Kaltgetränke und gespendete Kuchen zur Stärkung bereitgehalten. Die Besucher kommen bei diesem Angebot rasch ins Gespräch und unterhalten sich nicht nur über zu Reparierendes. Zur Abdeckung der mit der Durchführung eines Repair-Cafés verbundenen Aufwendungen (Werkzeuge, benötigte Verbrauchsmaterialien für die Reparaturen, aber auch die Getränke für die Besucher) werden freiwillige Spenden der Besucher gerne entgegengenommen.

 

Welche Arten von Gegenständen können die Besucher*innen zum Repair-Café mitbringen? Gibt es Einschränkungen oder bestimmte Kategorien, die nicht repariert werden können?

Für das Repair-Café geeignete Lieblingsstücke können Kleinmöbel, Elektrogeräte, Haushaltsgeräte, Spielzeug und so weiter sein, sofern sie (dies als maßgeblicher Richtwert und Faustregel) eine Person allein tragen kann. Auch das Schleifen von Messern mit glatter Klinge (kein Wellenschliff) ist möglich. Drucker, Computer und Handys sind wegen zu erwartender Treiber- und Kompatibilitätsschwierigkeiten für eine Reparatur im Rahmen eines Repair-Cafés nicht geeignet.

Muss ich mich anmelden, wenn ich das Repair-Café besuchen möchte und muss ich mein eigenes Werkzeug mitbringen?

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, es reicht zum Repair-Café während dem angekündigten Zeitfenster zu kommen. Das Werkzeug muss nicht selbst mitgebracht werden. Es wird von den ehrenamtlichen Reparaturbegeisterten bereitgestellt. Zudem wird vom Organisationsteam ein hervorragend ausgestatteter Reparatur-Koffer aus einem Interreg-Projekt zwischen Österreich und Bayern beigestellt.

 

Wie tragen gemeinsame Reparaturaktionen zur Verringerung der Wegwerfkultur bei und fördern sie Ihrer Erfahrung nach ein bewussteres Konsumverhalten?

Ratzenböck: Von den Besucher*innen wird immer wieder geäußert, dass sie an dem mitgebrachten Teil sehr hängen bzw. dieses bisher gute Dienste geleistet hat, weshalb sie es noch nicht übers Herz gebracht haben, es wegzuwerfen.

Kastner: Leider glaube ich nicht, dass man über die Initiative auf das Konsumverhalten direkt Einfluss nehmen kann. Das wäre ein wenig viel verlangt. Auf lange Sicht kann es schon sein, dass Teilnehmer*innen eher überlegen, einen Gegenstand zu reparieren als ihn neu zu kaufen.

 

Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit dem Repair-Café gemacht? Gibt es besondere Reparaturerfolge oder Geschichten, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben sind?

Bei den geglückten Reparaturen waren es oft wirklich nur Kleinigkeiten, um die Geräte/Gegenstände wieder funktionsfähig zu machen. Etwa hat bei einer massiven Taschenlampe das Nachhelfen mit einem Kontaktspray schon gereicht, um sie wieder zum Leuchten zu bringen. Auch diverse Kinderfahrzeuge des örtlichen Horts wurden in ihrer Funktionalität (insbesondere Lenkungen ein- und nachgestellt) verbessert oder repariert. Besonders schön beim zweiten Termin war, dass Personen auch einfach so – ohne einen Reparaturbedarf – auf Kaffee, Kuchen und eine Unterhaltung vorbeigeschaut haben.

 

Wird das Repair-Café zukünftig stattfinden und wenn ja, wie oft?

Derzeit planen wir eine regelmäßige Abhaltung des Repair-Cafés für nächstes Jahr. Es wird voraussichtlich vier Termine geben, die rechtzeitig durch die Gemeinde veröffentlicht werden.

 

Wie können Interessierte, Medien und Freiwillige Sie kontaktieren oder weitere Informationen über das Repair-Café in Bad Leonfelden erhalten?

Ratzenböck: Neue Reparaturbegeisterte sind jederzeit gerne gesehen und können sich bei Karoline Kastner vom s´Kranzl (0699/10049007) gerne melden. Dies gilt im Übrigen auch für Personen, die über weniger Reparatur-Expertise verfügen, sich aber gerne bei der Organisation und Durchführung eines Repair-Cafés engagieren möchten. Grundsätzlich nutzen wir zur Information und Einladung für ein Repair-Café die Ankündigung über das örtliche Gemeindeblatt der Stadtgemeinde Bad Leonfelden sowie die Ankündigung über die Rubrik Veranstaltungen auf der Gemeindehomepage (www.bad-leonfelden.ooe.gv.at).

Kastner: Wir hatten schon Kontakt zu Franz Wieser, vom Verein Otelo in Linz. Dieser Verein versucht unter anderem, die Reparaturcafés zu vernetzen und bietet auf deren Internetseite eine Übersicht über die Termine.

 

Herzlichen Dank für das nette Interview!

© G. Probst-RepairCafé Thening
© Repair Café Bad Leonfelden
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